Erster Bericht 2011
 
 
On the road again
 
Am 6. Mai haben wir uns wieder aufgemacht gen LA, wo unsere Casita 7 Monate auf uns gewartet hat. Auch wenn selbst Matthias Storch, der schon ewig für die Lufthansa fliegt, Air Transat, bei der Alexander unsere Flüge gebucht hat, nicht kennt und wir bei Air Canada sehr abfällige Urteile zu hören bekamen, war der Flieger sehr in Ordnung und vor allem superpünktlich. Das hat uns allerdings auch nicht viel genutzt. Wir hatten in Toronto 110 Minuten um
-    die Immigration nach Kanada zu erledigen
-    unser Gepäck zu holen
-    mit Gepäck zum anderen Terminal zu fahren (2 Seesäcke, natürlich ohne Rollen!)
-    bei Air Canada einzuchecken (da hätten wir 2 Stunden vor Abflug sein sollen, aber wir hatten wenigstens in Frankfurt schon unsere Bording-Pässe besorgt)
-    die Immigration in die USA zu machen(dass das auch hier schon passiert, hat uns völlig kalt erwischt)
-    uns hier völlig regelwidrig an der Schlange vorbei zu pfuschen
-    die Seesäcke abzuwerfen auf ein Band
-    im Schweinsgalopp durch den Securty-Check während wir schon ausgerufen wurden
-    mit offenen Schuhbändern zum Gate
Sie haben uns mitgenommen, das Flugzeug war pünktlich und in LA haben wir sogar unsere Seesäcke wiederbekommen!!!
Da wir auch Immigration ja schon hinter uns hatten, waren wir  gegen Mitternacht bei unserer Casita. Schön in unser kleines Häuschen nach hause zu kommen! Alles war in Ordnung und wir konnten endlich eine Runde im Liegen schlafen.
Diesmal trafen wir leider unsere Freunde, Claudia und Wolf-Dieter, nicht. Sie sind gerade auf Deutschlandbesuch. Noch ein paar Besorgungen, eine Nacht am Pazifikstrand (hat nachts nicht gestrahlt!) und auf ging es gen Südwesten.
 
Zunächst haben wir die Wüsten im Süden von Arizona erkundet mit ihren fantastischen „Wäldern“ aus großen bis riesigen Kakteen. Auf beschilderten Trails und in toll gemachten Museen haben wir eine Menge über die Wüste dort gelernt.
In Tuscon haben wir (mal wieder) festgestellt, dass amerikanische Städte meist nicht so prickelnd anzusehen sind. Also sind wir schnell wieder in die Wüste gefahren. Wir hatten wunderbare Campgrounds praktisch für uns alleine, da die Saison schon vorbei ist. Meist ist es im Mai schon brütend heiß. Wir haben sehr von einer „Kälteperiode“ mit ca. 29 °C profitiert!
 
Fast Übergangslos sind wir vom „Studium“ der Wüsten in die Beschäftigung mit der alten Indianerbesiedlung übergegangen. Wir haben viel gelernt über die Kultur der alten Pueblo-Indianer, der Hohokam, die unglaublich ausgefeilte Bewässerungssysteme anlegten, große Gebäude errichteten aber all das um 1400 aufgaben. Kein Mensch scheint den Grund zu kennen.
 
 
Hopi-Rain
 
So langsam kamen wir auch den lebenden Indianern näher. Nördlich von Flagstaff liegt das sehr große Gebiet der Navajo Nation und mittendrin auf drei Tafelbergen, den drei Mesas, das Gebiet der Hopis. Über Hopis hatte ich gelesen, dass sie sehr religiös seien und man sehr vorsichtig sein muss, um nicht irgendwelche Regeln oder Tabus zu verletzten. Man dürfe aber bei machen Tänzen zusehen und dazu auch in das entsprechende Dorf gehen. Jetzt im Frühjahr befinden sich die Kachinas, Geistwesen, die alles mögliche repräsentieren, noch in den Dörfern und tanzen dort rituelle Tänze, in denen sie um Regen bitten (und wohl auch anderes). Später, Ende Juni, kehren sie in die Berge zurück, die ihre eigentliche Heimat sind. Dann gibt es Schlangentänze. Gut, dass wir nicht im Juli hier sind!!
Wir hatten Glück, in einem Dorf auf der Second Mesa war gestern Kachina-Tanz und Touris zugelassen. Also fuhren wir zu dem Dorf hoch oben an der Kante des Tafelberges. Wir kamen während der Mittagspause an, hatten also erst mal Zeit, das Dorf anzusehen. Kleine gemauerte Schuhkarton-Häuschen (mit Flachdach), in die man zum Teil ganz traditionell mit einer Leiter über eine Öffnung im Dach einsteigt. Aber viele haben auch Türen. Allerdings gibt es kaum Fenster. Die Gassen dazwischen sind holperige Lehmwege. In der Mitte des Dorfes ist ein rechteckiger freier Platz von der Größe eines halben Fussballfeldes, in dessen Mitte so etwas wie ein kleiner Lehmofen steht. Gestern waren an allen Seiten Klappstühle in 3-5 Reihen aufgestellt, die die Leute  selbst mitgebracht hatten. Während wir nun warteten, nahm der vorher schon ordentliche Wind noch heftig zu und wirbelte große Mengen Sand auf. Wir wurden sandgestrahlt!
Die Tänzer und Zuschauer störte der Sandsturm zum Glück nicht wesentlich. Für uns recht plötzlich strömten die Zuschauer wieder auf den Platz und auf die umliegenden Dächer. Und dann kamen die Kachinas! Man darf bei den Hopis grundsätzlich nicht fotografieren, deshalb müsst Ihr Euch mit meinen kargen Beschreibungen dieses farbenfrohen Anblicks begnügen (oder mal googeln!). Die Kachinas werden bei den Tänzen durch Männer dargestellt, die unterschiedlichen „Gesellschaften“ angehören und dementsprechend unterschiedliche Kachinas repräsentieren. Sie tragen alle Masken, die den ganzen Kopf verdecken, sehr fantasievolle Bekleidung, sind zum Teil am Körper bemalt. An den Beinen haben sie Glocken und haben teilweise Kürbisrasseln. Die Masken sind sehr unterschiedlich, zum Teil bemalt, mit Federn geschmückt, manche sehen aus wie große Tontöpfe. Und manche haben Adventskränze um den Hals. Ich werde nie wieder einen Adventkranz ansehen können, ohne an Adventgeister zu denken!
Diese Geistwesen kamen in einer nicht endenden Prozession auf den Platz. Hundert waren es bestimmt. Jeder war beladen mit Körben voll Obst, Gemüse und Süßigkeiten, die auf dem Platz abgestellt wurden. Allerdings verschenkten manche schon etwas auf dem Weg. So bekam Alexander eine Banane und ich eine Tüte kunterbuntes Popkorn. Auf dem Platz stellten sie sich so auf, dass die gleich „verkleideten“ eine Gruppe bildeten. Der Platz war dicht gefüllt mit Tänzern, die sich zum Rhythmus weniger Trommeln, der Rasseln und Glocken im Wesentlichen von einem Bein aufs andere bewegten ohne sonderliche Choreografie.
Nach einer Weile hatten wir verweichlichte Bleichgesichter das Gefühl, unsere Gesichtshaut sei jetzt hinreichend gepeelt. Die Steinchen und Sandkörner, die uns um die Ohren flogen wurden gefühlt immer größer. Wir traten den Rückzug an, ohne das Ende des Schauspiels abzuwarten.
Das gleiche Bedürfnis hatten ein Hopi-Vater und sein Sohn aus einem benachbarten Dorf, die wir dorthin mitnahmen. Sie erzählten uns, diese Form von Wetter sei hier ein häufig auftretendes Phänomen und werde Hopi-Rain genannt.
Außerdem meinten sie, Besucher seien in den Dörfern durchaus willkommen solange sie nicht versuchten, die Hopis zum christlichen, insbesondere katholischen Glauben zu bekehren. Da ist in der Vergangenheit wohl was schief gelaufen….
 
 
 
Mittwoch, 18. Mai 2011